In letzter Zeit lese ich immer wieder von Musikerinnen und Musikern, die von ihrer Synästhesie berichten. Das habe ich nun zum Anlass genommen, allgemein mal nach synästhetischen Künstlern aus der Musikbranche zu schauen.
In der folgenden Liste findest Du 10 bekannte Künstler, die derzeit aktiv Musik machen, dafür ihre Synästhesien einsetzen und darüber selbst berichtet haben.
Greg Jarvis
Der in Kanada geborene Musiker spielt in der Band Flowers of Hell und ist selbst in der Canadian Synesthesia Association aktiv. Er sieht Musik in Punktmustern, Linien oder Kringeln (Musik → Formen-Synästhesie).
Witzige Anekdote:
Bei seinem letzten Album arbeitete er mit einem Tontechniker zusammen, der selbst ein Musik-Farb-Synästhetiker war. Als Greg Jarvis ihn bat, den Klang des „Cello[s] zu richten“, weil er ihm etwas zu pelzig war, antwortete der:
„Ah gut, ich dachte mir auch schon, dass es zu rot ist.“
Pharrell Williams
Der Amerikaner Pharrel Williams (*1973) verlässt sich auf seine Musik → Farb-Synästhesie, weil er „nur so erkennen kann, wie sich etwas anhört“. Er nutzt die Farben auch für die Einstufung von Tonarten.
Wenn ein Ton nicht stimmt, sieht er das an der entsprechend „falschen“ Farbe oder es fühlt sich eben falsch an.
Alessia Cara
Für die kanadische Sängerin (*1996) ist „alles, was sie hört, visuell sichtbar“. Ihre Musik → Farb-Synästhesie hilft ihr (wie anderen Musikern) bei der Beurteilung, ob bei einem Song alles zusammenpasst.
Wenn zum Beispiel bei einem violetten Lied auch der Klang vom Schlagzeug violett ist, dann weiß sie, dass es stimmig ist.
Für sie ist Synästhesie ein wichtiger Faktor beim Songwriting. „Vor allem hinterher“, meint sie.
Billy Joel
Der amerikanische Sänger (*1949) hat Musik → Farb-Synästhesie und überträgt seine Melodien ausgehend von farbigen Formen, die er oft auch in Träumen sieht.
Langsame Melodien sind eher blau oder grün für ihn. Impulsivere Melodien sind eher rot, orange oder goldfarben. Ihm fällt es nicht immer leicht, seine Inspirationen sofort abzurufen, aber die Farben helfen ihm als Gedächtnisstütze.
Lorde
Die Neuseeländerin Ella Marija Lani Yelich-O’Connor (*1996) nutzt ihre Musik → Farb-Synästhesie beim Liederschreiben als eine Art „Farbkorrektor“.
Wenn zum Beispiel die Farben eines Songs bedrückend sind, dann ändert sie etwas bis ihr die Farben zusagen.
In diesem englischen Interview beschreibt sie ihre Synästhesie als „farbiges Gas, das den Raum erfüllt. Mit verschiedenen Texturen und Formen“.
Billie Eilish
Die amerikanische Sängerin (*2001) hat u.a. Musik → Farb-Synästhesie.
Sie interessiert sich zum Beispiel dafür, wie sie einen Song kreieren kann, der wie das Licht einer Glühbirne klingt. Bei allem was sie macht, denkt sie u.a. daran, was für eine Farbe oder Textur es hat. Das lässt sie in ihre Lieder einfließen.
Für jeden Song ihres letzten Albums hat sie sogar einen eigenen Raum für ein Museum gestaltet.
Hans Zimmer
Der vor allem als Komponist für Filmmusik bekannte Allrounder aus Deutschland (*1957) hört Musik in Farben. Er nutzt seine Musik → Farb-Synästhesie um Soundtracks zu visualisieren.
Charli XCX
Die englische Sängerin Charlotte Emma Aitchison (*1992) gehört ebenfalls zu den Musikern, die in Farben sehen (Musik → Farb-Synästhesie).
Sie orientiert sich persönlich daran, ob sie die entstehenden Farben mag. Zum Beispiel mag sie Musik, die „schwarz, pink, lila oder rot“ ist. Aber sie hasst dafür „grüne, gelbe oder braune Musik„.
Lady Gaga
Die amerikanische Musikerin (*1986), die bürgerlich Stefani Joanne Angelina Germanotta heißt, hat Musik → Farb-Synästhesie.
Sie sieht Klang „wie eine Wand voller Farbe“. Ihr Song Poker Face ist für sie „satt bernsteinfarben“.
Hélène Grimaud
Die Pianistin (*1969) aus Frankreich hat Musik → Farb-Synästhesie.
Ihr helfen die von Musik ausgehenden Farben beim Einprägen von Musikpartituren. Wenn sie spielt, sieht sie die jeweiligen Tonarten auch in verschiedenen Farben.
Zusatz 6/2020::
Auch Callum Beattie hat Synästhesie und sieht Töne in Farben (Musik → Farb-Synästhesie).
Alle Künstler dieser Liste können Musik synästhetisch sehen.
Ob als Farben, Formen oder Strukturen:
Ihre Synästhesie hilft ihnen beim Musik machen oder beim Erschaffen ihrer Musik.
Machst Du selbst vielleicht Musik und kannst Deine Synästhesien dafür nutzen?
Amelie Lucia Wassner meint
Liebe Heike!
Da ich für meine vorwissenschaftliche Arbeit Ihre Website verwendet habe, muss ich diese natürlich auch richtig zitieren.
Beim richtigen Zitieren gibt man normalerweise den ganzen Namen der Autorin, sowie das Erscheinungsjahr des Artikels an. Das kann ich jedoch leider nirgends vorfinden.
Würde es Ihnen was ausmachen, mir Ihren ganzen Namen, sowie das Erscheinungsjahr des Artikels mitzuteilen? Es wäre mir wirklich eine sehr große Hilfe. 🙂
Mit freundlichen Grüßen,
Amelie Lucia Wassner
PS: Ihre Seite ist super interessant!
Heike meint
Hallo Amelie,
ich habe gesehen, dass du hier auch nochmal geschrieben hast. Email hast du von mir ja schon bekommen.
Liebe Grüße,
Heike
Andreas Wolkerstorfer meint
Auch https://www.youtube.com/watch?v=HdKkRs6H8jE
Víkingur Ólafsson ist Synästhet. Sein Klavierspiel begeistert mich sehr. Wie Hélène Grimaud spielt er hauptsächlich aus dem Gedächtnis.
Heike meint
Hallo Andreas,
danke für den Hinweis, habe ich mir gleich mal angeschaut : )
Viele Grüße
Claudia Villani meint
Mich würde interessieren, ob jede / jeder zu einem bestimmten Ton
Die gleiche Farbe sieht , z.B. C immer grün gesehen wird
Oder ob das individuell verschieden ist.
Danke
Heike meint
Hallo Claudia,
jeder Synästhetiker hat normalerweise sein eigenes individuelles „Repertoire“ und somit auch verschiedene Farben.
Bei Tönen ist es häufig aber so, dass Assoziationen mit hereinspielen oder es damit verwechselt wird.
So beschreibt man hohe Töne ja im Allgemeinen als eher hell und tiefe Töne als eher dunkel.
Bunte Grüße,
Heike
(05.04.2023)