Kennst Du solche Alltagssynästhesien?
Vor einiger Zeit war ich wegen Rückenverspannungen bei einer Masseurin in Behandlung.
Ich lag auf der Liege im Behandlungszimmer, als mir seltsame Geräusche bewußt wurden.
Manchmal Töne. Immer verschiedene Höhen und Längen. Manchmal trotzig. Mal witzig. Jedes Mal anders. Es zog jedenfalls meine ganze Aufmerksamkeit auf sich.
Normalerweise verfolge ich bei solchen Behandlungen die Berührungen oder das Geschehen am Körper auf meinem inneren Monitor.
Ich schaue sehr gerne die vorbeiziehenden und erscheinenden Farbtupfer und Formen an, wenn ich entspannt liege. Es ist ein bisschen wie Kino.
So lässt sich auch gut beobachten, wenn sich etwas im Körper tut oder sogar löst. Eine Verspannung zum Beispiel.
Heute habe ich mich an die Behandlung erinnert, weil meine Thermoskanne auf dem Schreibtisch ähnliche Quietschtöne von sich gegeben hat. Der Schraubverschluss war nicht richtig zu. Und durch den Druck von innen machte die herauspressende heiße Luft verschiedenartige Töne und Geräusche.
Die Masseurin hatte damals eben auch so eine Thermoskanne im Zimmer stehen. Die hatte ich in der Zimmerecke entdeckt, weil ich schließlich nach der Ursache der „Audiobegleitung“ gesucht habe. ;- )
Das sind synästhetisch interessante Bilder. Ich war etwas überrascht, wie sehr sie in den Vordergrund drängen und wie klar sie sind.
Vielleicht weil sie nicht vorhersehbar und jedes Mal anders sind?
Oder in einer ruhigen Atmosphäre so überraschend sind?
Kreative Kaffeemaschine
Das hat mich auch an etwas von früher erinnert:
Zu meiner Schulzeit gab es jeden Morgen den gleichen Ablauf in der Küche, bevor wir Kinder zum Bus hetzten. Alle trudeln nach und nach ein, der Tisch wird gedeckt. Kakao, Tee, Kaffee aufgesetzt.
Wir hatten so eine klassische Kaffeemaschine, bei der man oben Wasser in den Tank füllt, den Papierfilter einsetzt, Kaffeepulver reinlöffelt. Kanne drunter, anschalten, warten.
Interessant wurde es dann, wenn das Wasser durchgelaufen war. Der Heizer war dann innen drin noch heiß und stieß unregelmäßig paffend den Wasserdampf aus.
Das war morgens klasse anzuhören! Mit verschiedenen Rhythmen und Tonhöhen, manchmal wie eine Eisenbahn.
Ich erinnere mich, wie wir Kinder auch schon mal Tränen gelacht haben, wenn uns etwas einfiel, was vergleichbare Geräusche machte. Und es waren verschiedenste Bilder, die sich mir da präsentierten!
Soweit ich mich erinnern kann, habe ich damals sogar einen kleinen „Bericht“ für unsere Klassenzeitung in der Grundschule darüber geschrieben. Ich muss mal schauen, ob ich den noch irgendwo habe. Damals wusste ich allerdings noch nichts von Synästhesien. ;- )
Heute habe ich keine solche Kaffeemaschine mehr.
Ich weiß auch nicht, ob das noch so interessant wäre wie damals.
Aber ich habe mich heute Morgen gefreut, dass ich mich durch die Töne einer einfachen Thermoskanne an die Rückenbehandlung und so eine alte Geschichte erinnert habe. Alltagssynästhesien eben.
Hast Du denn auch interessante Alltagssynästhesien?
Oder einen Alltagsgegenstand, der für Dich synästhetisch sehr auffällig ist?
Oder vielleicht kennst Du sogar die Bilder, die ich meine?
Von einer solchen „verrückten“ Kaffeemaschine oder Thermoskanne?
Marlene meint
Hallo! Das ist zwar kein Gegenstand aber Lieder bzw. eigentlich Liedtexte lösen etwas aus. Ich verbinde sie mit einem Ort, manchmal einen den ich sehr gut kenne manchmal ein Fantasieort. Und dort passiert dann das Geschehen was im Text beschrieben wird. Es passiert immer bei einem Liedtext immer das Gleiche immer am selben Ort. Bei einem anderen Liedtext dann etwas anderes an einem anderen Ort, aber es passt immer zum Text. Oft sind es auch Orte an denen ich das Lied mal gehört habe oder einen Ohrwurm hatte. Manchmal aber auch nicht. Ich kann es nicht unterdrücken. Ich weiß nicht ob das Synästhesie ist. Außerdem werden Liedtexte angeordnet mit Bildern ähnlich wie die Monate bei meiner Sequenz-Raum-Synästhesie. Aber ich glaube dass das Sequenz-Raum Synästhesie ist. Es ist nämlich immer gleich angeordnet. Ich habe das sonst nur gelesen dass es mit Zeiteinheiten gemacht wird andererseits ist das Alphabet auch keine Zeiteinheit. Mich würde interessieren ob irgendwer auch so einen Zusammenhang zwischen Synästhesie und Liedtexten hat.
Heike meint
Hallo Marlene,
es müssen nicht unbedingt Zeiteinheiten sein.
Auch Zahlenreihen, das Alphabet oder sogar Schuhgrößen können im Raum ihren festen Platz haben.
Liedbilder ordne ich selbst jetzt nicht im Raum an, aber es gibt da sicherlich auch verschiedene Ausprägungen.
Viele Grüße,
Heike
(16.05.2023)